Fragen an Lama Ole

Ich habe das Problem, dass ich schnell die Geduld verliere und mir so immer wieder Ärger einhandle. Was kann ich dagegen tun?


Antwort von Lama Ole Nydahl:
Der Buddha sagte, dass Geduld – das Gegenteil von Zorn – zugleich das schwierigste und das schönste Kleid ist, das wir tragen können. Hierzu gab er ziemlich viele Ratschläge. Denn in den Gesellschaften der damaligen Zeit lebte man sehr eng zusammen. Zehn Menschen in einem Raum – da gab es viele Anlässe, aus der Haut zu fahren. Aber der Buddha rät uns wirklich, den Zorn loszuwerden, so gut wir können. Dafür gibt es viele Taktiken. Eine davon könnte man die „Stroboskop-Taktik“ nennen. Das heisst, dass ihr niemals ein komplettes Bild der Situation entstehen lasst und es als voll real erlebt. Sondern ihr nehmt eine Szene auf, dann die nächste, dann wieder die folgende und so weiter. Dann reagiert ihr auf die Situation, aber mit Distanz, und ihr werdet in Verbindung damit keinen Zorn oder Aggressionen haben.
Bedroht euch zum Beispiel ein Mann mit einem Stock in der Hand, und er kommt näher, dann sagt ihr euch: „Ok, Mann, Stock, rollende Augen, Gefahr!“. Normalerweise wird man dann vielleicht selbst zornig, nimmt einen Stock, der doppelt so groß ist und schlägt den Mann nieder. Ihr könnt aber auch anders mit der Situation umgehen und sagen „Hand, Augen, Fuß, diese und jene Bewegungen“, ihn packen, ihm den Stock abnehmen und zerbrechen, den Mann auf den Boden legen, ihm zeigen, dass es ein schlechter Trip ist – und dann lasst ihr ihn gehen.
 Es gibt auch andere Techniken. Zum Beispiel kann man denken: „Das ist mein schlechtes Karma, das jetzt reif geworden ist. Ich war früher schlecht zu ihm, und jetzt ist er schlecht zu mir.“ Die Beispiele, wo man Unangenehmes als Folge eigener Fehler sieht, sind die höchsten Beispiele des Mahayana. Wenn man das verwenden kann, so ist das sehr gut.
 Es gibt auch eine dritte Methode, die nicht direkt vom Buddha ist. Es ist meine eigene und nicht ganz orthodox. Sie ist ein bisschen von oben herab, aber nützlich. Ihr denkt: „Ich bin zehn Minuten mit ihm zusammen, und das ist unangenehm, der arme Mann ist aber jeden Tag 24 Stunden mit sich selbst zusammen.“ Wenn ihr dann kein Mitgefühl bekommt, dann habt ihr ein hartes Herz…
Man muss verstehen: Die Leute benehmen sich nicht schlecht, weil sie das wollen, sie benehmen sich schlecht, weil sie nichts anders können. Sie haben keine Kontrolle.